Ein Grundwehrdienstleistender berichtet aus dem MSR 29 (1977/79)

Ich bin 1959 in Dresden geboren.Zu meiner Zeit und an meiner EOS war es schon ein regimeunfreundlicher und studienberwerbungsgefährdender Akt, nur den Grundwehrdienst ableisten zu wollen. Stundenlange Diskussionen vor schlimmen Gremien waren die Folge. Da jemand Rotes unsere Familie nicht mochte, kam ich in das MSR 29 Ernst-Moritz-Arnd nach Prora. Nördlich am Ende war das "Falli"-Bataillon. Dann kamen die Mugger-Blöcke und dann die TUS. (...) Auch ich habe ein Familienmitglied in dieser Zeit als Bausoldat in Prora gehabt. Er hatte sich für Umweltfragen und Schwerter zu Pflugscharen aktiv engagiert und bewußt für den Bausoldaten entschieden. Trotzdem hatte ich immer das subjektive Gefühl, dass meine Armeezeit nach seinen Erzählungen im Vergleich dazu die Hölle war. MSR 29 galt in der DDR als drittschlimmster Standort nach Marienberg und Eggesin. Das EK-System war brutal und menschenverachtend. Neben einigen wirklichen Persönlichkeiten waren die Offiziere und Uffze dumm und ungeeignet. Ausgang war uninteressant, weil Binz tot war, zumindest außerhalb der Saison - ich hatte nun mal zwei Winter und dazu noch den von 78/79. In meiner Zeit gab es mindestens 3 Selbstmordversuche (2 gelungen) und mehrere tödliche Unfälle. (…) Ich muss mich äußern, weil ich es für notwenig halte, auch die NVA-Geschichte dieses Standortes gleichermaßen zu würdigen. Der "Bau" in den Restbunkern des alten Wachlokals war menschenverachtend und kann jedem Horrorvergleich standhalten. Diese Zeit hat mich dort geprägt- sie hat mich (auch körperlich) geschädigt- aber ich habe viel über Menschen erfahren.
Eines muß ich sagen: Der Blick aus dem Fenster oder der Gang an den Strand war der einzige große Lichtblick. Ich habe da entgültig die Liebe zum Meer gefunden...

Herzliche Grüße! R.