Texte von Bernd Schnorfeil

Zur Unterkunft im südl. Teil von Block V und zum heute vorhandenen Gebäude zwischen
Block V und IV

Vom Eingang Kontrolldurchlass (KDL) zum MSR führte eine Betonstraße auf den Block IV ca. mittig zu.  Auf der langen Betonstraße vor den Treppenhäusern ging es dann nach links zum Block V, der 1972/73 noch komplett unverputzt war. Die Regimentsstraße war an der Stelle, wo das im nördlichen Teil von Block V untergebrachte Fallschirmjägerbataillon anfing, mit einem Maschendrahtzaun und einem Tor unterbrochen, ca. kurz hinter Treppenhaus 4. Das Tor zwischen den beiden Truppenteilen war immer
zu. Zwischen den beiden Einheiten bestanden absolut keine dienstlichen Verbindungen. Die hatten alles selbst. KDL, Park für die Fahrzeuge, MHO, Appellplatz , Küche usw., nur die Heizung wurde von den Soldaten des MSR befeuert, obwohl die schon auf „Falli-Gelände“ lag. (Man konnte ja einen SAZ, der freiwillig drei Jahre diente, nicht zum Heizer ausbilden). Nur einmal in den 18 Monaten meiner Zeit in Prora wurde dieses Tor geöffnet, wegen mir und zweier meiner Kameraden (vgl. Episode am Stand).

Zu meiner Zeit damals war die Regimentsstraße vom  südlichen Anfang des Block IV bis zum Block V durchgehend. Der landseitige Bau zwischen den beiden Blöcken war damals nicht vorhanden bzw. wenn er da war, dann war das Mittelstück mit der Straße geöffnet. Auf keinen Fall wurde das Bauwerk so wie heute umgangen.
Wir sind ja täglich da lang marschiert, alle wichtigen Dinge des Regimentes waren ja im Block IV. bzw. von da aus zu erreichen. Ich nehme an, dass später, zu Zeiten der Offiziersschule, die beiden Blöcke zu unterschiedlichen Einheiten gehörten und somit die durchgehende Straße nicht mehr gewünscht war. Was war in diesem Bau auf der Regimentsstraße untergebracht? Wahrscheinlich gar nichts. Ich habe überlegt - das Wachlokal der Objektwache mit den Arrestzellen? Aber das befand sich weiter westlich und abgelegen von der Regimentsstraße im „alten KDL“.

Zu meiner Zeit war auf dieser Straße auch sporadisch LKW Verkehr vorhanden. Alles was im 1.Mot. Schützenbatallion  und im Panzerbataillon zu transportieren war, musste da rüber. Z.B. wenn Gefechtsalarm war, sind die Fahrzeuge (Ural) der einzelnen Kompanien vom Park aus bis vor die Treppenhäuser gefahren und wurden da beladen. Auch das tägliche Essen wurde für die beiden im Block V untergebrachten Bataillon des MSR von der im Block IV befindlichen zentralen Küche zu den Speiseräumen der beiden Bataillone gebracht. Das geschah unter der Aufsicht des Furiers mittels luftbereiften Riesenhandwagen, der von 4-6 Soldaten gezogen und geschoben wurde. Ich war da auch öfters mit dabei, da sind wir nur die gerade Straße entlang, nie um irgend einen Bau herumgefahren.

Auch die Heizungsanlage wurde über die Regimentsstraße per ziviler LKW mit Briketts versorgt. Das waren W50-Kipper und die brachten Riesenmengen des Brennstoffes. Abgekippt wurden die auf dem strandseitigen Lagerplatz, der sich vom Kamin der Heizungsanlage bis ca.100 Meter südlich hinzog. Die Breite reichte vom Block bis zur Düne.

In der Düne übrigens befand sich sogar eine Miete, darin wurde Porree (heute Lauch) für den Winter eingelagert. Als ich das zum erstenmal sah, wollte ich das gar nicht glauben. Es gab dann im folgendem Winter auch regelmäßig dieses Gemüse, aber total mit dem Dünensand durchsetzt. Seitdem fehlt mir beim Essen von Porree immer das Sandgefühl im Mund.



Eine Episode am Strand
Wir waren beim Baden in der Ostsee zu nahe an den Postenbereich am nördlichen Ende des Block V gekommen. Der dort wachende Genosse Fallschirmjäger deutete uns an zu verschwinden. Als wir schon ein ganzes Stück zurück waren, musste dem wohl eingefallen sein wie man sich paar Tage Sonderurlaub verdienen konnte.
Jedenfalls gab der einen Warnschuss ab. Als wir nicht reagierten, kam noch eine Salve Dauerfeuer in den Sand hinter uns und der Kollege Fallschirmjäger winkte uns heran. Von dem Geballere aufgeschreckt, kamen dann noch mehrere Wachsoldaten angerannt und wir wurden festgenommen. Der OvD der Fallschirmjäger übergab uns dann auf dem kurzen Dienstweg  über das nun einmalig geöffnete Tor an den GOvD vom MSR. Da wir nackt waren, unsere Klamotten lagen ja am Strand, wollte man uns wohl nicht über die beiden KDL austauschen. Da sich in denen auch die Besucherräume befanden, wollte man wohl keine Zivilisten erschrecken. Es ging dann vorbei an unserer Unterkunft bis fast zum Ende von Block IV zum Regimentsstab und OvD. Dort weitere Befragungen, dann durfte der Spieß unserer Kompanie uns von da abholen. Der war natürlich pappesatt. Es war ein Sonntag und den holte man von zu Hause. Dann wieder nackt zurück in unsere Kompanie, Schwarz (Arbeitskluft) anziehen, Sachen vom Strand holen und dann gings wieder zum OvD zwecks Erteilung von „Arbeitsverrichtung außer der Reihe“. Wir mussten dann die Fenster des Regimentstabes mit Zeitungspapier putzen. Der war sehr lang und hatte viele Fenster. Der Sonntag war auch für uns gelaufen.


Der Weihnachtsbaum (siehe Bilder):
Die Sache mit dem Weihnachtsbaum war so: Eine Genehmigung für das Aufstellen hatten wir natürlich nicht. Der geschmückte Baum wurde irgend wie geduldet oder einfach „übersehen“. Unsere Stube war am äußersten Ende des Kompanieflures,  und auch der Kompanieclub sowie der Fernsehraum waren zwischen uns und den nächsten Stuben des 1.Zuges, also lange Wege. Jeder wollte so seine Ruhe.
Den Baum haben wir von draußen aus dem Wald mitgebracht, woher der Schmuck war, weiß ich nicht mehr, immerhin hat der ja eine richtige Glasspitze. Die Sachen hat jemand im Paket bekommen oder sich von Besuchern mit bringen lassen. Einer von uns war aus Stralsund, der bekam regelmäßig Besuch, könnte das also kurzfristig geordert haben.
Auf die Idee, als Ständer eine Übungs-Tellermine zu nehmen, bin ich gekommen. Die Dinger lagen bei uns in der B/A-Kammer zu Haufe rum, die waren schwer und hatten in der Mitte ein Loch für den Zünder, also ideal geeignet für die Aufnahme eines Weihnachtsbaumes.

Unsere Kompanie musste zwischen Weihnachten und Silvester 2 mal die Wache (also 24-Stundendienst) stellen, in Urlaub durfte auch keiner in dieser Zeit. Da hat man uns weitestgehend in Ruhe gelassen. Das war schon eine eigenartige, angespannte Situation wegen der Waffen und der scharfen Munition. Es sollte wohl keiner durchdrehen. Ausbildung im eigentlichen Sinne fand jedenfalls nicht statt. Die Zeit wurde mit Wachvorbereitung, Waffenreinigen sowie Stuben- u. Revierreinigungsarbeiten verbracht.

Es sollten zu bestimmten Zeiten unbedingt Vorkommnisse vermieden werden, es war so was wie eine „erhöhte Aufmerksamkeit“ ausgegeben worden. Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr war so eine Zeit. Das der Gegner, die Bundeswehr, fast komplett zu Hause in Urlaub war, wurde uns ja nicht gesagt.

Während wir GWD-leistenden Soldaten in voller Stärke anwesend waren, durften aber viele der länger dienenden Unteroffiziere in Kurzurlaub fahren. Auch die Offiziere und Berufssoldaten waren nicht oder nur kurz anwesend. Ein Offz.-Schüler im 3. Jahr machte bei uns ein Praktikum, der musste die ganze Zeit Dienst schieben. Nach Neujahr 1973 lief dann der normale Dienst mit Ausbildung und Kommandierungen voll an. Wir haben dann den Weihnachtsbaum verschwinden lassen.

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